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Kurzstellungnahme zum Eckert & Ziegler-Risiko

Frau Dipl.-Phys. Oda Becker (Hannover) verfasste im Auftrag der BISS eine gutachterliche „Kurzstellungnahme Risiko des Betriebs von Eckert & Ziegler Nuclitec (EZN), neben Wohnhäusern und Schulen“:

  • Risiko aus Normalbetrieb
  • Risiko eines schweren Unfalls
  • Risiko eines Flugzeugabsturzes
  • Risiko eines Terrorangriffs
  • Risiko durch Transporte

Das Dokument ist hier einzusehen.

Plakataktion zur „Drehscheibe“ nur eingeschränkt gestattet

Die Plakataktion „Atomdrehscheibe Braunschweig: Wir wollen das nicht!“ von BiBS-Fraktion und BISS hat stadtseitig massive Einschränkungen erfahren. Statt der beantragten 400 Plakate in mehreren Stadtteilen – neben Wenden-Thune-Harxbüttel u.a. westlichem und östlichem Ringgebiet – wurden nur ganze 20 Plakate genehmigt, und die auch nur in Wenden-Thune-Harxbüttel.

Begründetwurde die Einschränkung mit einer „Überfrachtung des Verkehrsraumes“. Durch die Auswahl des „Warnzeichens“ als Plakatmotiv sei außerdem die „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“ gefährdet. Dies gelte insbesondere in den städtischer geprägten Bereichen, bei mehr als den zugestandenen 20 Plakaten jedoch auch im betroffenen Stadtbezirk Wenden-Thune-Harxbüttel.

Nun geht selbstverständlich die Verkehrssicherheit vor! Allerdings bleibt ein sehr schaler Beigeschmack, wenn die schwerwiegende Gefährdung durch den Standort, der eben nicht nur Wenden-Thune-Harxbüttel betrifft, sondern die ganze Stadt, aufgewogen wird gegen ein „warnungsfreies“, „leichtes“, gleichsam also unbeschwertes Fahren.

Leider schwingt hier der Verdacht mit, dass in jedem Fall der Eindruck vermieden werden soll, der „Brennpunkt Thune“ sei ein stadtweites Thema. Das genau ist er aber, und wir wollen darauf aufmerksam machen. Denn nicht nur entscheidet der Rat der (Gesamt-)Stadt Braunschweig über die Zukunft der Anwohnerschaft; im Falle eines Störfalls wären auch die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt betroffen. Auch ohne Warnung durch Plakate.

Leserforum: Gespräche ja, Rechtsverbindlichkeit nein

Am Dienstag, 10.03.2015, veranstaltete die Braunschweiger Zeitung ein Leserforum zur Zukunft in Thune. Auf dem Podium zunächst im Einzelgespräch mit Moderator Henning Noske:

  • Stadtbaurat Leuer als Vertreter der Stadt
  • Dr. Thomas Huk als Vertreter der BISS
  • Prof. Dr. Klaus Kocks als Vertreter Eckert & Zieglers.

Im anschließenden moderierten Gespräch sprachen Herr Prof. Kocks und Herr Dr. Huk miteinander.

Die Stadt und der Bebauungsplan: Offene Fragen

Plakat-Protest vor dem Pressehaus

Ein sichtlich angespannter Heinz-Georg Leuer stand Moderator Henning Noske und dem Publikum Rede und Antwort. Es habe ca. 950 Einwendungen gegeben, sagte er, davon allerdings mehr als 800 gleichlautende Postkarten (die, so kann man annehmen, großenteils aus der BISS-Aktion stammen).

Herr Leuer stellte sich allen Fragen; insgesamt verfestigte sich der Eindruck der BISS, dass die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Bebauungsplan viel zu wenig berücksichtigt werden. Die Stadt allerdings bleibt bei ihrer Haltung – die Antwort auf die Frage, ob denn hier für Bürger überhaupt noch „etwas ginge“, fiel denn auch mit der Erwähnung der rechtlichen Pflicht zur Prüfung aller Einwendungen recht dürftig und wenig überzeugend aus.

Angesichts dessen verwundert es noch mehr, dass der Stadtbaurat nicht am Abschlussgespräch zwischen den Beteiligten teilnahm. Das hätte die Leerstellen, die in der kurzen Publikumsrunde nicht zur Sprache gekommen waren, eventuell füllen können.

Insbesondere hatte Herr Leuer betont, dass der Status Quo auf dem Gelände geprüft werden müsse. Das fordert die BISS seit langem, besonders angesichts der wiederholt erfolgenden Neuanlieferungen von Containern, die dann in vielen Fällen auf dem Gelände verbleiben.

Wir hätten Herrn Leuer gern gefragt, wann denn diese Überprüfung des Status Quo endlich erfolgen wird – insbesondere, ob dies noch vor dem Satzungsbeschluss des B-Plans geschehen soll. Hier fehlt ein konkreter Zeitplan.

Es wäre schön, wenn die Stadt diese Information zeitnah veröffentlichen würde.

Der Streiter für Eckert & Ziegler: mehr PR als Sachkunde

Herr Kocks ist seit einiger Zeit als Image- bzw. PR-Berater für Eckert & Ziegler tätig. Über sein Berufsethos hat er sich beispielsweise gegenüber Spiegel Online geäußert:

SPIEGEL ONLINE: Herr Kocks, Sie als PR-Berater sagen: „PR-Berater lügen.“ Damit stehen wir vor dem Problem, dass wir Ihnen eigentlich nichts glauben können, oder?

Klaus Kocks: Das würde ich Ihnen dringend raten. Selbstverständlich müssen Sie als aufgeklärter Mensch immer davon ausgehen, dass ich lüge. Sie müssen sogar befürchten, dass ich die Wahrheit sage, ohne dass Sie es merken.

Wir wundern uns sehr darüber, dass hier ein Normalbürger gegen einen ausgewiesenen PR-Profi der Atomwirtschaft antreten musste (Früher Sprecher der Hersteller und Betreiber der Kernkraftwerke in Deutschland (Frankfurt/Main)). Offenbar traut Eckert &Ziegler sich nicht mehr zu, in Braunschweig ohne diese Unterstützung überzeugen zu können.

Letztlich bleibt die Frage, wie Sachargumente zur Sicherheit der Menschen am Standort ausgetauscht werden können mit einem Spin Doctor, der vor allem „plausible Geschichten“ erfindet und der begeistert von seiner Lieblingsszene aus einem Buch erzählt, „in der die drei Vertreter der Tabak-, Waffen- und Alkoholindustrie in einer Bar darüber streiten, wer die meisten Toten zu verantworten hat“. Uns jedenfalls überzeugt seine PR überhaupt nicht. Hier geht es nicht um Geschichten zugunsten eines Einzelnen, sondern um das wahre Leben von Vielen.

von links nach rechts: Dr. Thomas Huk, Henning Noske und Prof. Dr. Kocks im Gespräch

Warum wählte Eckert&Ziegler mit Kocks einen reinen PR-Mann als offiziellen Vertreter? Kann es damit zusammenhängen, dass ein PR-Berater alles versprechen und auch noch groß sagen kann, „nehmen Sie mich beim Wort“ – und dann ist es nichts wert, weil er „da die Firma falsch verstanden haben muss“ oder nicht mehr für sie tätig ist? Das Vorschicken von Herrn Kocks klingt eher wie ein Schachzug, um an Aussagen nicht gebunden zu sein.

Wir hätten gern mit den anderen eigentlichen Beteiligten öffentlich Argumente ausgetauscht, nämlich mit der Stadt (hier: Herrn Leuer) und einem Mitarbeiter der Firmen (z.B. Herrn Mann). So wurde es ein Zwiegespräch zwischen einem informierten Anwohner und einem Medienprofi. Warum auch immer.

Herr Kocks fiel denn auch eher durch verbale Aggression auf denn durch fachliches Wissen – geschweige denn durch glaubwürdige Zusicherungen. Seine Körperhaltung (zumeist im Stuhl nach vorn gebeugt, breitbeinig, Ellbogen auf dem Tisch) entsprach seinen wiederholten Attacken gegen Herrn Huk, der jedoch die plumpen Anschuldigungen souverän entkräftete.

Mehrfach musste Kocks seine Wortwahl zurücknehmen, beispielsweise die Behauptung, der BISS ginge es nur um eine „Absiedlung“ und „Vertreibung“. Die Behauptung, Herr Huk habe einen „Buddy“ (Kumpel) beim NDR, warf Kocks zwar direkt mit der Bemerkung ein, das nähme er nun nicht zurück; sie entbehrt jedoch jeglicher Grundlage. Die Bekräftigung Kocks‘ war als bloße Unterstellung ein rhetorischer Winkelzug und wird der PR der Firma nicht unbedingt genützt haben.

Der inhaltliche Ertrag: ???

Kocks erweckte bei Moderator Noske den Eindruck, Eckert & Ziegler sei zu Gesprächen bereit. Rechtlich bindende Zusicherungen wurden durch Herrn Kocks nicht gemacht. Insbesondere die Behauptung, man wolle – anders als früher – keine Atommülldrehscheibe in Braunschweig errichten, wirkt wenig überzeugend, wenn man dies nicht in rechtssicherer Form zusichert. Eine Erklärung für den Sinneswandel der Firma blieb Kocks auch auf erneute Nachfrage schuldig. Auch Informationen darüber, wie dieser ggf. den Aktionären zu vermitteln sei, gab er nicht. Eine inhaltlich relevante Antwort auf die Frage nach dem steigenden Druck auf den Standort nach der Schließung der Konditionierungsanlage in Duisburg überging der PR-Mann mit einem Hinweis auf sein Mitwirken bei der Schließung in Duisburg.

Kocks‘ Behauptung, der Industriestandort habe bereits vor dem Wohngebiet bestanden, brachte lautstarke Unmutsäußerungen aus dem Publikum, die diese Verdrehung der Tatsachen geradestellten. Diese alten Scheinargumente wurden längst enttarnt und werden von einer informierten Zuhörerschaft nicht mehr akzeptiert.

Als Herr Huk aussagte, er habe noch am Montag auf der Webseite der EZAG lesen können, die Firma werbe mit der Kapazität für 5000 Tonnen Bauschutt-Bearbeitung sowie 50 Konrad-Container pro Jahr, antwortete Kocks lässig, wenn Herr Huk am Dienstag (dem Tag des Leserforums) nachgeschaut hätte, hätte er sehen können, dass dieser Abschnitt gelöscht worden sei. Stutzen im Publikum – war hier etwas „nur fürs Forum“ gelöscht worden? Heute (Mittwoch, 11.03.2015) ist der Beitrag jedenfalls (noch oder wieder) online.

[Update]: Heute (12.03.2015) wurde besagter Abschnitt um ca. 11:00 Uhr von der Webseite entfernt nachdem unser Artikel online war…

[Update 2]: Inzwischen (12.03.2015, 14:30 Uhr) ist o.g. Link nicht mehr erreichbar, die Seite wurde umgebaut. Hier geht es zur neuen Seite.
Die archivierte Seite ist hier nachzulesen.
Interessant ist dabei, dass es mit „Annahme von radioaktivem Abfall, der aus Deutschland stammt“ und „Abfallbehandlung und –konditionierung als Lohndienstleister“ um Abfälle geht, die „[a]uf der Grundlage von zertifizierten und zugelassenen Behandlungsprozessen im Rahmen unserer Umgangsgenehmigung“ behandelt werden sollen, dass es also aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur um die Rücknahme eigener Strahlenquellen und Medizinprodukte geht, sondern nach wie vor auch um Abfälle Dritter.
Hier steht jedenfalls nichts von irgendwelchen Einschränkungen, außer der Umgangsgenehmigung. Soll diese hier nun in Zukunft doch vollständig ausgenutzt werden?

Screenshot EZAG-Webseite 11.03.2015, 19:55 Uhr (http://www.ezag.com/de/startseite/produkte/umweltdienste/aufarbeitung-und-konditionierung.html)

 

Fazit

Trotz gewohnt souveräner Moderation von BZ-Lokalredakteur Henning Noske bleiben unterm Strich ein eher halbherziges Gesprächsangebot, Verbalattacken, viele zweifelhafte Aussagen – damit hat sich Eckert & Ziegler wohl keinen Gefallen getan. Und wenn Herrn Prof. Kocks‘ Aussage zutrifft, als Bürger könne er Herrn Dr. Huk sogar verstehen, fragt sich, warum er dann nicht (letztlich auch im Sinne der Firmen!) für eine Umsiedlung wirbt. Nicht, wie er sich ausdrückte, für Verdrängung, denn die Firma könnte ihren Marktanteil an einem geeigneteren Standort vermutlich deutlich besser ausweiten als am Standort Braunschweig-Thune. Alles, was dafür nötig ist, könnte durch eine Zusammenarbeit von Firma, Stadt, Land und Bund mit der Aussicht auf EU-Fördermittel erreicht werden.

Wir haben keine Probleme damit, dass Eckert & Ziegler Geld verdienen will. Aber nicht auf Kosten von Anwohnern. Wir nehmen daher Herrn Kocks beim Wort: Die Zusicherung, in diesem Jahr alle Fragen zu beantworten. Und wir erwarten bei diesen Antworten Substanz, insbesondere zum Inventar. Ohne diese Angaben ist nämlich keine Risikobewertung möglich – da kann man noch so viele Gespräche ansetzen.

Dr. Thomas Huk (links) und Henning Noske im Gespräch

Sachbeschädigung am BISS-Protestwagen

Am Samstagmorgen fanden Mitglieder der BISS die beiden symbolischen „Atommüllfässer“ nicht mehr auf dem Protestanhänger vor, sondern auf dem Feld dahinter (Ecke Harxbütteler Straße / Gieselweg, gegenüber dem GE-Healthcare-Buchler-Gebäude). Da wetterbedingte Ursachen (Sturm) ausgeschlossen werden können, bleibt nur der Schluss bewusster Sachbeschädigung.

Wollte hier jemand nicht auf den Austausch der Argumente beim Leserforum der BZ am Dienstag warten? Die BISS jedenfalls begeht keine Sachbeschädigung an fremdem Eigentum. Wir stehen am Dienstag Frage und Antwort.

Stellvertretender Bezirksbürgermeister kritisiert B-Plan-Entwurf: „Fehlender Mut“

Wie zuvor schon Astrid Buchholz (BiBS) und Bezirksbürgermeister Hartmut Kroll (SPD) positioniert sich mit Carsten Schröter (Grüne), stellvertretender Bezirksbürgermeister Wenden-Thune-Harxbüttel, ein drittes Mitglied des Bezirksrats öffentlich gegen den vorliegenden Bebauungsplanentwurf.

Mein Statement zum Bebauungsplanentwurf „Gieselweg/Harxbütteler Straße“, TH 22

„Ich lehne den Bebauungsplanentwurf der Stadt Braunschweig weiterhin ab.

Ich kritisiere den fehlenden Mut dieses Entwurfes.

Immer wieder schreibt die Verwaltung, dass das Erstellen dieses Bebauungsplanes in der Bundesrepublik einzigartig sei. Es gibt aber einige Punkte (z.B. die Gebäudehöhe), bei der die Verwaltung immer andere Bebauungspläne in Braunschweig zum Vergleich heranzieht. Für mich lässt sich das nicht mit der Singularität dieses Bebauungsplanes in Einklang bringen. Deshalb müssen hier strengere Auflagen gelten als bei anderen Bebauungsplänen in Braunschweig. Ich möchte hier an unseren  Änderungsantrag vom Dezember erinnern, der im Bezirksrat eine einstimmige Mehrheit gefunden hatte.

Außerdem halte ich es für möglich und somit auch für nötig, bei der Gewichtung der Interessen Prioritäten zu setzen. Hier muss die Verwaltung eindeutig die Interessen der Bewohner über die der Unternehmen stellen.

Hier dient die gutachterliche Stellungnahme zum Restrisiko als Begründung. Aus dieser geht u.a. hervor, dass das radiologische Risiko, das im Normalbetrieb von den Firmen in Thune ausgeht, höher ist als das radiologische Risiko, das vom Normalbetrieb eines AKW ausgeht. Ich erinnere daran, dass die Stadt Braunschweig als Kommune eine Gesundheitsfürsorgepflicht gegenüber ihren Bewohnern hat.

Das bedeutet für mich, dass ich z.B. eine Erweiterung des jetzigen Industriegebietes außerhalb des jetzigen Betriebsgeländes ablehne. Für mich sind diese Erweiterungsmöglichkeiten schon groß genug, um den Firmen Modernisierungsmöglichkeiten u.ä.  in der Zukunft zu ermöglichen.

Des Weiteren spielt mein fehlendes Vertrauen in die Firma Eckert & Ziegler eine Rolle. Ich möchte an den „Auftritt“ von Herrn Dr. Eckert in der Stadthalle erinnern. Der hatte für mich zur Folge, dass ich daran zweifele, dass er mit Ängsten der Bürger  verantwortungsvoll umgeht. Ich hätte gern am 16. Februar im Rahmen eines Besuches von MdL meiner Fraktion mit Mitarbeitern der Firma in Thune diskutiert. Leider wurden Holger Herlitschke und ich von Eckert & Ziegler wieder ausgeladen. Eckert & Ziegler möchte nur mit einer Delegation ohne lokale Beteiligung reden. Auch das ist für mich keine vertrauensbildende Maßnahme der Firma.

Ich kritisiere auch die über lange Zeit bestehende fehlende Kommunikation zwischen der Stadt Braunschweig und dem Land Niedersachsen auf politischer Ebene. Man hatte es versäumt, frühzeitig über die Möglichkeiten zu reden, die Umgangsgenehmigungen zu senken. Außerdem muss  auf dieser Ebene weiterhin über  Möglichkeiten der Verlagerung von Eckert & Ziegler geredet werden. Hier bietet sich doch eine Verlagerung auf einen ehemaligen Truppenübungsplatz der Bundeswehr förmlich an.

Zum Abschluss möchte ich persönlich werden. Nachdem relativ klar war, in welche Richtung der Bebauungsplanentwurf geht, hat mich meine Frau gefragt, ob man in unserem Bezirk ohne Angst vor Störfällen o.ä. lebe könne. Leider muss ich zugeben, dass ich ihr bis heute darauf keine beruhigende Antwort geben kann.“

Carsten Schröter (Bündnis 90/Die Grünen, stellvertretender Bezirksbürgermeister Wenden/Thune/Harxbüttel)