Archiv der Kategorie: EZN

Ja, es gibt ein Risiko, aber wir werden es nicht beheben…

– Pressemitteilung –

Der von der Stadt beauftragte Fachexperte, der eine Stellungnahme zum „Risiko durch die Atomfirmen in Braunschweig“ im Entwurf vorlegte, stand am 17. September Rede und Antwort im Planungs- und Umweltausschuss der Stadt.

Die Stadt Braunschweig wollte von dem Fachexperten nur wissen, ob es ein Risiko gibt, aber nicht wie hoch es ist. Und die Erkenntnis soll auch nicht dazu führen, dass dieses Risiko reduziert oder behoben werden soll.

Der Fachexperte bestätigte, dass seine Feststellungen sich auf die Aussagen des bereits vorliegenden Berichtes der Entsorgungskommission des Bundes berufen und kaum darüber hinausgehende Fakten berücksichtigen (kein Forschungsflughafen, keine Transporte, keine radioaktive Medizin). Die im Bericht der ESK erkannten Risiken wurden mit der Aussage abgeschlossen, obwohl nur 5% des radioaktiven Materials der Atomfirmen berücksichtigt wurde, führt dies bereits zu einem empfohlenen Evakuierungsradius von 350m. Das heißt, dass ein noch viel höheres Risiko zu erwarten ist, wenn das komplette radioaktive, chemische und andere Störfallpotenzial der Atomfirmen berücksichtigt würde, das auf dem Atomgelände vorhanden ist bzw. nach Genehmigung vorhanden sein könnte.

Das durch die Stellungnahme des Fachexperten dargestellte Risiko, das nicht durch die geltenden gesetzlichen Regeln abgedeckt wird, soll nach dem Willen der Stadt auch zukünftig erhalten bleiben und durch vielfach vorgehaltene Erweiterungsmöglichkeiten im neuen Bebauungsplan erhöht werden können.

Nur wenn sich zukünftig neue Atomfirmen ansiedeln wollen, dann will die Stadt dies verhindern.

Heißt das nun, wir müssen wegziehen und die Stadt bezahlt den Umzug?

Explosion in Ritterhude: Struktureller Hintergrund wie in Thune

Die Explosion einer Chemiefirma in Ritterhude bei Bremen, durch die ein Mensch lebensgefährlich verletzt wurde und deren Druckwelle am Abend des 09. September 2014 viele Häuser zerstörte, schockierte nicht nur die Betroffenen. Fassungslosigkeit in den Medien: Wie konnte das passieren, wie konnte die direkte Nachbarschaft von Betrieb und Wohnhäusern zugelassen werden? Die BISS fühlt mit den Menschen, die ihr Zuhause verloren haben. Und sie sieht weit mehr Parallelen zwischen Ritterhude und Thune als die Tatsache, dass hier wie dort gefährliche Firmen im Wohngebiet zugelassen wurden.

Ein simpler Blick in die „Buten un binnen“-Nachrichten (oder beliebige andere Formate) ergibt mindestens folgende vergleichbare Aspekte: Explosion in Ritterhude: Struktureller Hintergrund wie in Thune weiterlesen

Pressemitteilung 09-11-2014: Erweiterung trotz Risiko

Die Stadt Braunschweig hatte für das umstrittene Thuner Industriegebiet, auf dem mit radioaktiven Stoffen umgegangen wird, ein Restrisikogutachten beauftragt, um dessen Ergebnisse in den Bebauungsplan einfließen zu lassen, der im Oktober offengelegt werden soll. In einer Pressemitteilung vom 26. August 2014 gab die Stadt bekannt: Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass es auch bei Einhaltung aller gesetzlichen Grenzwerte ein verbleibendes Restrisiko gibt, das nicht von vornherein als irrelevant abgetan werden kann.

Thomas Huk, 1. Vorsitzender des Vereins, konkretisiert: „Im Gutachten heißt es auf Seite 8 wörtlich, dass im normalen Betriebsablauf das radiologische Risiko eines Anwohners der Braunschweiger Betriebe als größer einzuschätzen ist als das radiologische Risiko eines Anwohners eines Kernkraftwerks. Auch die Gefahr durch den Flughafen wird vom Gutachten bestätigt. Wir halten es für untragbar, einem solchen Standort die Erweiterung zu ermöglichen.“

Genau dies habe die Stadt aber vor, so Huk. Zwar suggeriere die Pressemitteilung vom 26. August einen Erweiterungsstopp, es gäbe aber begründete Zweifel daran. „Die Genehmigungen werden nicht geändert. Vorhandene Anlagen können erneuert werden, wenn damit keine Kapazitäts- oder Produktionserhöhung einhergeht. Bedeutet „Kapazität“ hier dasselbe wie „Umgangsgenehmigung“, kann auch mit dem neuen Bebauungsplan das Mehrhundertfache des Asse-Inventars auf dem Gelände bearbeitet werden.“

Die Stadt schließe lediglich zukünftig Betriebe aus, die der Strahlenschutz­verordnung unterliegen, die alten Firmen dürften aber bleiben: „Die neue Halle könnte als „Modernisierungsbau“ genehmigt werden, auch wenn stark anzunehmen ist, dass sie das Herzstück der nationalen Atommüll­drehscheibe sein soll.“

Huk erläutert, dass die Stadt die Ergebnisse des Gutachtens nicht auf die bestehenden Firmen anwende. „Es bleibt eine Erweiterungsfläche in der Größe zweier Fußballfelder. Und warum auf dem Bestandsgelände die Bebauungsdichte plötzlich auch noch erhöht werden darf (Erhöhung der sog. Grund­flächen­zahl), ist angesichts der vom Gutachten bestätigten Gefährdung nicht einsichtig.“

Thomas Huk stellt der Äußerung von Stadtbaurat Leuer die Formulierung aus dem Gutachten-Entwurf des Ökoinstituts entgegen, in dem es heißt: Die Betriebe am Standort Braunschweig-Thune sind daher als Betriebe anzusehen, die ein zusätzliches Risiko für Anwohner darstellen, das nicht als irrelevant abgetan werden kann [Hervorhebung BISS]. „Das ist im Gegensatz zur Aussage der Stadt eine absolute Aussage, die bedeutet, dass die im Gutachten genannten Aspekte in jedem Fall berücksichtigt werden müssen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das Gutachten die tatsächliche Höhe der Genehmigungen nicht betrachtet. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Ausschöpfung der Genehmigung das vom Standort ausgehende Restrisiko als inakzeptabel gelten muss. Dann wäre der Standort zu schließen.“

Oberverwaltungsgericht lässt Berufung zu

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat dem Antrag der Stadt Braunschweig auf Berufung bezüglich des in erster Instanz verlorenen Prozesses Eckert & Ziegler gegen die Stadt Braunschweig stattgegeben. Damit ist allerdings noch nichts gewonnen. Auch die Verwaltung hält sich mit Vorhersagen bedeckt: „Diesen Ausführungen des OVG kann kein Anhaltspunkt für den Ausgang des Berufungsverfahrens entnommen werden“, heißt es in der entsprechenden Mitteilung.

Wir erinnern uns: Der (sehr kurze) Prozess vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig war mit Pauken und Trompeten verloren worden, weil die Stadt sich einfach nicht bereit zeigte, die Gefahren durch Strahlung ins Spiel zu bringen. Wir konnten damals nur den Schluss ziehen, dass hier einseitig die Firmen geschützt werden sollten und nicht die Bürger.

Die Tatsache, dass der neue Bebauungsplan die Erweiterung der bestehenden Firmen nicht verhindert (lediglich die Ansiedlung neuer Firmen soll ausgeschlossen werden), obwohl die gutachterliche Stellungnahme ein Risiko bescheinigt, das bereits jetzt im Normalbetrieb für die Braunschweig-Thuner Anwohner größer sei als für die Anwohner eines Atomkraftwerks, lässt leider nicht vermuten, dass die Stadt von ihrem Kurs der Firmenfreundlichkeit abweicht und während der Berufungsverhandlungen im Sinne der Bürger agieren wird.

Wir werden sehen.

BISS e.V. Sonntagsspaziergang

Am kommenden Sonntag findet wie an jedem 2. Sonntag im Monat ein Spaziergang rund um das Atomgelände an der Harxbütteler Straße in Braunschweig statt.

Dieses Mal werden uns Herr Kunkel (1. Bevollmächtigter IG Metall Braunschweig) und Frau Stassek (2. Bevollmächtigte IG Metall Braunschweig) besuchen.

Kommen Sie vorbei und informieren Sie sich.

 

BISS-Spaziergang
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