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Alles nach Recht und Gesetz – aber ist es auch richtig?

Kein Atommüll im Wohngebiet

Wir brauchen dringend einen Konsens jenseits juristischer Überlegungen darüber, ob das, was in Braunschweig-Thune bislang gelaufen ist und noch laufen soll, unseren Vorstellungen einer menschlichen Stadtplanung und dem, was wir an Fürsorge seitens einer Stadt erwarten, überhaupt entsprechen kann.

Wir meinen: Hier geht Unverantwortliches vor sich. Unsere Diskussionsgrundlage haben wir hier zusammengestellt. Die Datei dürft Ihr gern herunterladen und (unverändert) weitergeben!

Für Viel-, Gern- und sonstige Leser: Schon Anfang 2012 haben wir uns über das Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit in der Braunschweig-Thuner Angelegenheit Gedanken gemacht.

Der Trick ist gelungen… Ein Zaun kippt die Veränderungssperre…

Eckert & Ziegler hat versucht den Bau eines Zaunes um ihr gekauftes Ackerland für den Neubau ihrer Atommüll-Verarbeitungshalle einzuklagen, weil die Stadt Braunschweig den Bau des Zaunes mit Verweis auf die geltende Veränderungssperre verweigert hatte.

Herausgekommen ist wohl, dass das Verwaltungsgericht Braunschweig die letzte Verlängerung der Veränderungssperre, die bis Anfang 2016 dauern sollte, als unwirksam bezeichnet hat. Der Grund ist, dass die Stadt Braunschweig angeblich zu viel Zeit für den neuen Bebauungsplan benötigt hat.

Und … was sagt der Geschäftsführer Herr Gunnar Mann von Eckert & Ziegler Umweltdienste (Erläuterung: Atommüllentsorgung): „Wir lassen jetzt prüfen, ob wir bereits aus dem Urteil Konsequenzen ziehen oder vor baulichen Maßnahmen erst abwarten, bis der neue Bebauungsplan vorliegt“.

Der Trick ist, zumindest im ersten Schritt, für Eckert & Ziegler gelungen. Die Veränderungssperre scheint hinweggewischt und der Weg frei für eine neue Atommüll-Verarbeitungshalle, und damit zur Erweiterung des Atomstandortes.

Jetzt wird sich zeigen, ob die Stadt Braunschweig sich wirklich anstrengt, nicht Atommüll-Drehscheibe zu werden.

Interessant ist, dass das Gericht die Verlängerung der Veränderungssperre nur deswegen nicht anerkennt, weil „Das Verfahren sei nach seinem Umfang und Schwierigkeitsgrad nicht so ungewöhnlich, dass der vom Gesetzgeber vorgegebene Planungszeitraum von 3 Jahren nicht hätte eingehalten werden können.„.

Die BISS kann dieser Aussage des Gerichts nicht folgen. Denn schließlich gibt es in Braunschweig zum ersten Mal in Deutschland einen Bebauungsplan, der auch den Umgang mit radioaktiven Stoffen und deren Gefährdung für die Bürger berücksichtigt.

Darum kann es sich hier nicht um ein gewöhnliches Verfahren handeln.

Ungewöhnlich scheint da wohl nur die Abgrenzung des Gerichts in der Presseerklärung:
Die strahlenschutzrechtliche Genehmigung war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Wenzel: Alles im Rahmen der Genehmigungen bleibt erlaubt

Der Besuch des Niedersächsischen Umweltministers Wenzel brachte praktisch nichts Neues, nur nach Pressekonferenz und diversen Einzelgesprächen mit Beteiligten die erschreckende Erkenntnis: Weil unser Rechtssystem es offensichtlich zulässt, dass Fehlentscheidungen bei Genehmigungen faktisch nicht mehr rücknehmbar sind, darf Eckert & Ziegler nach wie vor Aktivitäten bearbeiten, die dem 300fachen des Asse-Inventars entsprechen. Das geben die Genehmigungen her, auch neben Schulen und Wohnhäusern. Auf welcher Grundlage fußt also die Aussage, wenn Herr Wenzel sagt, er könne sich keine Erweiterung vorstellen? Das mutet eher an wie Wunschdenken.

Zwar will das Land nach wie vor versuchen, die Genehmigungen herunterzuschrauben (wie schon seit diversen Monaten); in wieweit dies gelingen wird oder in welcher Höhe dies gegebenenfalls stattfinden wird, ist jedoch völlig unklar – und für alles, was jetzt auf dem Gelände ist, besteht Bestandsschutz. Insofern ist auch von der Überprüfung der Genehmigungen durch dieselbe Frau Dr. Lange, die bei der Erteilung ebendieser Genehmigungen beteiligt war, wenig zu erwarten. Die Betriebe auf dem Gelände sind aber laut gutachterlicher Stellungnahme für die Anwohner schon jetzt gefährlicher als ein AKW.

Die Krönung war, dass es hieß, Herr Wenzel habe betont, er verstehe die Anwohner, man wolle maximale Sicherheit, dass man aber Rechtssicherheit brauche… und so weiter, alles bekannt. Wo bleibt hier das Recht der Anwohner? Was ist mit Gerechtigkeit? Und wieso geht in Duisburg, was in Braunschweig offenbar unmöglich ist, wieso schafft Nordrhein-Westfalen, wovor Niedersachsen die Waffen streckt: Nämlich eine Konditionierungsanlage neben Wohnhäusern durch Verhandlungen mit den Firmen zur Umsiedlung zu bewegen? Bedeutet „Ich kann nicht“ hier etwa „Ich will nicht“?

Vermutlich entscheiden hier bundespolitische Motive. Nach der (mehr als berechtigten!) Schließung der Anlage in Duisburg, die für 2019 avisiert ist, existieren bundesweit nur noch 5 Konditionierungsstandorte. Einer davon ist Braunschweig. Man braucht die Konditionierungskapazitäten. Und der zeitaufwändige Weg, den man gehen müsste, um die Genehmigungen für einen anderen Standort zu erteilen, ist Niedersachsen offenbar zu anstrengend. Jedenfalls hieß es im Nachklang der Pressekonferenz von Teilnehmern, eine Verlegung sei derzeit mehr als unwahrscheinlich.

Immerhin ist die versprochene Überprüfung des Standortes noch im Spiel; dafür lässt man die Transporte weiterhin unberücksichtigt. Die dafür verwendeten Wagen dürfen regulär soviel strahlen wie ein Castortransport; sie fahren täglich an immer wieder denselben Häusern vorbei, halten gelegentlich zwangsweise hinter Schulbussen und parken, wenn das Tor zu ist, auch schon mal längere Zeit vor dem Gelände.

Herr Wenzel „hat nichts gegen die neue Halle“ (NDR). Hoffentlich ergibt das keinen ministerialen Maximalmurks mit Markurthscher Unterstützung. Wir bleiben dabei: Kein Atommüll neben Wohnhäusern und Schulen!

[Update: Links zu Berichten und unser Flugblatt von heute]

Infoabend online: Risiken durch Nuklearbetriebe im Wohngebiet

Der BISS-Informationsabend im Rahmen der bundesweiten „Atommüllalarm – Tatorte in Deutschland“-Kampagne vom 23.10.2014 ist größtenteils als Youtube-Video verfügbar. Zur Erinnerung: Der Physiker Wolfgang Neumann (INTAC Hannover) und der Mediziner Hartmut Heinz (IPPNW) hatten über Gefährdungen durch Niedrigstrahlung sowie über Gefährdungen bei Stör- und Unfällen auf dem Thuner Gelände referiert. Konkret:

  • Welche Risiken entstehen durch die Nuklearbetriebe in Braunschweig bei Störfällen oder Unfällen?
  • Welche Gefahren gehen von ionisierender Strahlung aus?

Schaut mal rein! (Achtung, Playlist – 6 aufeinanderfolgende Videos!)

Die Mahnwachen sind wieder da!

Tschuldigung, das war uns durchgerutscht: Der heutige Neustart der Mahnwachen verlief ohne nennenswerte Ankündigung. Dafür jetzt umso deutlicher: Aufgrund der aktuellen Verschärfung des Ringens um die Zukunft des Thuner Industriegebietes scheuen wir uns nicht vor widrigen Wetterbedingungen.

Weitaus widrigere Bedingungen werden uns allerdings von der Stadt entgegengehalten: Der neue Bebauungsplan (Offenlage Anfang 2015) wird der Atomhalle Tür und Tor öffnen, und zwar, wie es aussieht, gegen das einstimmige Votum des Bezirksrates, der unseren Stadtbezirk durch die jetzige Fassung benachteiligt sieht. Man kann hier hinzusetzen: Durch den Bau der Halle würden nicht nur Bewohner des Braunschweiger Nordens beeinträchtigt, sondern auch Bürger aus dem Südkreis Gifhorn.

Mahnwachen vor dem Gelände: ab sofort immer Montags von (Achtung, neue Zeit!) 15 bis 16 Uhr.