Zaunklage: Sachliche Fehler in Urteilsbegründung
Das Urteil im sogenannten „Zaunprozess“ fiel Mitte Januar: Vier der fünf Beschuldigten wurden freigesprochen, einer muss den von Eckert & Ziegler geforderten „Schadensersatz“ zahlen. Zusammen bleiben Kosten von über 4000 Euro. Das ist für Privatleute kein Pappenstiel.
Angesichts der Kosten auf der Seite des Unternehmens, die die geforderte Summe offensichtlich um ein Vielfaches überschreiten, geht die BISS nach wie vor von einem Einschüchterungsversuch aus, um unliebsame Demonstrationen zukünftig zu verhindern. Dennoch verzichten die Betroffenen auch im Sinne der Bürgerinitiative auf Revision, wie BISS-Sprecher Peter Meyer bekannt gibt: „Eckert & Ziegler wurde dazu verurteilt, einen Großteil der Gerichtskosten zu zahlen. Wir haben gezeigt, dass wir uns nicht kleinkriegen lassen – jetzt konzentrieren wir uns wieder auf die zentralen Themen unserer Kritik.“
Seitdem Eckert & Ziegler im Dezember vor dem Oberlandesgericht Lüneburg der Coup gelang, den neuen Bebauungsplan für ungültig erklären zu lassen, sieht sich Braunschweig erneut der Gefahr ausgesetzt, zur Atommülldrehscheibe der Nation zu werden, will doch der Bund den Standort erhalten und ausbauen, trotz der Nähe zu Schulen und Wohnhäusern.
Meyer: „Wir verzichten zwar auf die weitere Auseinandersetzung in der Zaunklage, sind aber nach wie vor von der Rechtmäßigkeit unseres Handelns überzeugt.“ Dies gilt umso mehr, als das Urteil sachliche Fehler enthält. Nach Einschätzung von Prozessbeobachtern liegt die Vermutung nahe, dass der Richter die Aussagen zweier Bauarbeiter verwechselt hat.
So verwahren sich die Betroffenen ausdrücklich gegen den Satz, „[Zeuge XYZ] habe denjenigen, die gestört hätten, gesagt, sie sollten das Grundstück verlassen“. Genau dies sei nie passiert. Weiter heißt es im Urteil, „sowohl [Zeuge XYZ] selbst als auch die Polizei habe den Demonstranten gesagt, sie sollten das Grundstück verlassen, dies hätten sie aber nicht getan.“ Dies widerspricht eindeutig den Zeugenaussagen sowohl der Polizei als auch des Firmenvertreters zu besagtem Datum. Diese hatten, so Beobachter, eindeutig ausgesagt, eine Aufforderung, sich zu entfernen, habe es nicht gegeben.
Ein drittes Mal erfolgt diese Behauptung, wenn es heißt: „Hinsichtlich des Beklagten [XYZ] steht auch fest, dass er vom Radladerfahrer aufgefordert worden ist, die Arbeiten nicht weiter zu stören, weil man weiter habe arbeiten wollen.“ Dies widerspricht, so Beobachter, der Zeugenaussage des Radladerfahrers, der zu Protokoll gegeben habe, nichts geäußert zu haben. Hier hat der Richter offensichtlich die Aussage des zweiten Arbeiters zum Vortag mit der Aussage des Fahrers des Radladers am Folgetag verwechselt: Am Vortag hatte es eine Aufforderung gegeben, der dann auch umgehend Folge geleistet worden war. Am Tag der Demonstration war dies jedoch nicht der Fall – niemand wurde aufgefordert zu gehen.
Peter Meyer: „Im Urteil stehen offensichtlich unkorrekte Behauptungen, die wir nicht auf uns sitzen lassen können. Wir wollen, dass auch in Zukunft friedliche DemonstrantInnen darauf vertrauen können, dass Sie vor Gericht fair behandelt werden. Wer nicht dazu aufgefordert wird zu gehen, braucht auch nicht zu gehen. Wenn dann hinterher einfach behauptet werden kann, es sei doch gesagt worden, und das Gericht dies hinnimmt, ohne die Zeugen der Gegenseite anzuhören, stimmt etwas nicht. Das stellen wir hiermit klar.“
BISS e.V.