Zu Weihnachten darf man sich ja etwas wünschen: Wir wünschen uns mehr Sachlichkeit. Auslöser für diesen Wunsch sind die am 6.12. abgedruckten Leserbriefe zum Zwischenfall auf dem Nukleargelände in Thune, bei dem radioaktives Jod freigesetzt wurde.
Ein Leser schreibt, dass ohne radioaktive Bestrahlung „eine Zellteilung, Wachstum oder das Gesunden kranken Gewebes“ nicht möglich wäre. Wir wissen nicht, woher der Leser diese „Weisheiten“ hat – aus Fachbüchern stammen sie sicher nicht. Einhellige Fachmeinung ist, dass es keinen Schwellenwert gibt, unterhalb dessen Radioaktivität harmlos ist. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) schreibt hierzu: „Für das strahlenbedingte Leukämie- und Krebsrisiko gibt es keine Schwellendosis. […] Mit zunehmender Dosis erhöht sich das Erkrankungsrisiko.“
Auch die Aussage des zweiten Leserbrief-Schreibers ist falsch: Die Firmen waren nicht vor der Wohnbebauung dort. Falsche Aussagen werden nicht dadurch besser, dass man sie wiederholt.
Noch eine letzte Anmerkung zur Versachlichung: Die Angabe, dass 40 Milliliter verschüttet wurden, hilft nicht wirklich weiter, um die Gefahr einzuschätzen. Das BfS schreibt zum Beispiel, dass die Tschernobyl-Katastrophe in Deutschland zu einer teilweise hohen Belastung von Jod-131 in Kuhmilch und Blattgemüse führte. „Die gesamte Belastung durch radioaktives Jod rührte von einer Menge von weniger als 1 Gramm her, die sich über der damaligen Bundesrepublik Deutschland abgelagert hatte.“