Was war in der Bürgersprechstunde vom 4. Dezember 2017 in Thune passiert?

Die BISS forderte auf, mit Stadtbaurat Leuer zum Störfall bei GE Healthcare Buchler und seinen Auswirkungen auf die Umgebung zu diskutieren.

Viele Bürger*innen und Eltern aus Wenden/Thune/Harxbüttel folgten unserer Aufforderung und fragten nach

  • möglichen Vorsorgemaßnahmen
  • oder Störfallreaktionen bzw. Katastrophenschutzplänen
  • oder besonderen Hinweisen für die nahen Schulen und Kindergärten
  • oder wie die Feuerwehr eventuell anders agieren könnte

Es wurde zum Beispiel gefragt, warum bei dem Störfall bei GE Healthcare Buchler am 22. November 2017 erst die radioaktive Luft aus den Produktionsräumen für die Radiopharmaka in die Umgebung abgelassen wurde, bevor die Unbedenklichkeit der Abluft gemessen wurde. Tatsächlich wurde laut Aussage des Landesumweltministeriums der Tagesgrenzwert um 40 % überschritten. Und erst 3 Tage später wurde durch Umgebungsmessungen und theoretische Berechnungen die Ungefährlichkeit des Störfalls bestätigt.

Auf Nachfragen der anwesenden Eltern musste Stadtbaurat Leuer zugeben, dass es keinen Plan gibt, wie die Schulen und Kindergärten bei radioaktiven Wolken aus Richtung der Nuklearfirmen reagieren sollen. Obwohl jeder die Aufrufe der Feuerwehr von Großbränden kennt, Fenster und Türen geschlossen zu halten, wird dieses Vorgehen nicht als Schutzmaßnahme, sondern für Panikmache gehalten.

Für einen Vergleich bezüglich des Störfalls bei GE Healthcare Buchler mit radioaktivem Jod131 zitieren wir das Bundesamt für Strahlenschutz zur Belastung der Bundesrepublik nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl:

„Einige Bundesländer legten wesentlich strengere Maßstäbe an, beispielsweise mit der Empfehlung, Frischmilch mit Konzentrationen an Jod-131 oberhalb 20 Becquerel pro Liter nicht zu verzehren.

Wegen seiner kurzen Halbwertszeit von etwa 8 Tagen war Jod-131 bereits nach wenigen Wochen weitgehend zerfallen. Die gesamte Belastung durch radioaktives Jod rührte von einer Menge von weniger als 1 Gramm her, die sich über der damaligen Bundesrepublik Deutschland abgelagert hatte.“

Anmerkung der BISS, beim Störfall bei GE Healthcare Buchler wurden 40ml (bzw. ca. 40 Gramm) Flüssigkeit freigesetzt, in der sich auch radioaktives Jod131 befand. Nachrechnungen der BISS zeigen, dass es bei dem Braunschweiger Störfall glücklicherweise weniger als die nach Tschernobyl freigesetzten 1 Gramm radioaktives Jod waren. Dies zeigt aber auch, dass geringe Mengen nicht automatisch harmlos sein müssen

Die BISS fand es sehr bemerkenswert das die Bürger*innen aus Wenden/Thune/Harxbüttel sich engagiert zu diesem Thema geäußert und nachgefragt haben. Wir finden es gut, wenn sich Bürger*innen zu den sie interessierenden Themen informieren. Aber leider reichten auch die eineinhalb Stunden dieses Abends nicht aus, um wenigstens dieses eine Thema abschließend zu behandeln.

BISS e.V.

Kazuhiko Kobayashi: Zum 7. Fukushima-Jahrestag

Liebe Freundinnen und Freunde,

genauso wie jene grauenvollen Tage des Atombombenabwurfs über Hiroshima und Nagasaki mit unzähligen zivilen Opfern heute bei den meisten japanischen Bürgern längst in die Ferne der Vergessenheit gerückt sind, verschwindet ebenso der 11. März 2011 aus dem Bewußtsein von allermeisten Japanern. So bleiben nur noch leidende Opfer, insbesondere, geflohene Mütter und Kinder schutzlos dem ungerechten Schicksal ausgeliefert.

Nach Schätzung will die Regierung ca. 2000Milliarden Yen (d.h. ca. 16Millarden Euro) für die Olympiade 2020 in Tokyo ausgeben, wobei ca. 450Millarden Yen (d.h. ca. 3,45Millarden Euro) als Einnahmen durch die Veranstaltung zu erwarten sind. Mit anderen Worten, 1550Milliarden Yen (= ca. 11,92Milliarden Euro), d.h. mehr als Dreiviertel der gesamten gigantischen Veranstalungskosten werden aus den japanischen Steuern bezahlt. damit einige Industrien daran Geld verdienen.

Aber die Regierung will für die aus Fukushima geflohenen Mütter und Kinder kein Geld ausgeben. Sie holt sie sogar mit allen gemeinen psychischen und physischen Druckmitteln und Tricks wieder in Fukushima zurück. So sind von den aus Fukushima gefohenen 17,895 Kindern mehr als Hälfte, nämlich 9,271 Kinder wieder in Fukushima zurückgeholt worden, so bleiben nur noch 8,624 Kinder im Fluchtort außerhalb von Fukushima, deren Mütter trotz aller Schwierigkeiten weiterhin unbedingt ihre Kinder vor der atomaren Strahlungsgefahr schützen wollen. Dabei werden sie sogar immer mehr von den ahnungslosen Mitbürgern kalt belächelt, als ob sie die Schuldigen und Dummen wären!! So läuft alles in allem wie geplant und gewollt von der Regierung!!!

Wir, die freiwilligen, unterstützenden Mitbürger werden leider weniger, sind aber noch da und fühlen uns jetzt umso stärker mit den leidenden Opfern solidarisch gebunden.

Unsere Wut wird stärker und intensiver.

Unser Verlangen nach der Gerechtigkeit wird größer und heftiger.

Tokyo, am 08. März 2018

Kazuhiko Kobayashi

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An meinem Lebensabend habe ich nur noch einen Wunsch:
Aus meiner innersten Seele heraus zu sprechen und nach meinem Gewissen
zu handeln für die hilflosen, unschuldigen Kinder und für unsere einmalig kostbare,
schöne und unersetzbare Erde, die nun weltweit immer mehr verseucht wird und
schweigend um Hilfe ruft.
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Antwort der Landesregierung zum Strahlenunfall in Braunschweiger Nuklearfirma wirft Fragen auf

Welche Lehren zieht Niedersachsen aus dem Zwischenfall, der sich am 22.11.17 am Braunschweiger Atomstandort ereignete? Kurz: Die Bevölkerung wird bei der Freisetzung radioaktiver Stoffe nicht informiert. Da wir Radioaktivität nicht sehen, riechen oder schmecken können, sind Kinder und Erwachsene im Fall von Zwischen- oder Störfällen einer erhöhten radioaktiven Strahlung schutzlos ausgeliefert.

Dieses Fazit lässt sich aus der Antwort der Landesregierung auf die Anfrage der Grünen zum Zwischenfall bei GE Healthcare ziehen. Die Antworten zeigen: Der Schutz der Bevölkerung tritt zurück hinter einen Wust von Fragwürdigkeiten und Nicht-Antworten.

Am 22.11.17 kommt es morgens um ca. 8 Uhr zu einem Unfall, bei dem radioaktives Jod-131 freigesetzt wird. Zu dieser Zeit befinden sich viele Kleinkinder mit ihren Eltern auf dem Weg in die Kindergärten und Kinder sowie Jugendliche auf dem Weg in die Schulen. Sie alle sind der Strahlung schutzlos ausgeliefert, da die Firma weder die Stadt noch die Zivilbevölkerung informiert.

Erst 24 Stunden später hat die Firma eine Idee davon, wie viel Radioaktivität freigesetzt wurde. Jetzt wird klar, dass selbst der extrem hohe, genehmigte Tageswert überschritten wurde. (Dabei muss man wissen: Der momentan noch genehmigte Tageswert ist 60-mal so hoch wie der Wert, der in der Strahlenschutzverordnung genannt wird.) Nun erst wird das Umweltministerium informiert. Auch das Umweltministerium informiert jedoch Stadt und Bevölkerung nicht.

Die Landesregierung macht in ihrer Antwort deutlich, dass auch bei zukünftigen Unfällen und radioaktiven Freisetzungen weder die Stadt noch die Bevölkerung zeitnah informiert werden.

Wir fragen:

    • Warum wird die Bevölkerung bei der Freisetzung radioaktiver Stoffe nicht sofort informiert?

    • Was wäre, wenn nach mehreren Tagen rauskäme, dass die Strahlenbelastung der Bevölkerung so hoch war, dass selbst der Jahresgrenzwert übertroffen wurde?

    • Wurde ein solcher Störfall auch in der bislang verheimlichten Störfallanalyse berücksichtigt und wenn ja, welche Strahlenfreisetzungen werden in der Störfallanalyse betrachtet? Am 22.11.17 wurden 21.700.000 Becquerel freigesetzt. Wenn dieser Wert höher sein sollte als die Annahmen der Störfallanalyse, so müsste die Störfallanalyse komplett in Frage gestellt werden.