Einen ersten Überblick bietet unsere Playlist mit Info-Videos (weitere Videos auf unserem Youtube-Kanal); ausführliche schriftliche Erläuterungen zur Braunschweig(-Thun-)er Problemlage finden Sie weiter unten auf dieser Seite.
Ausführliche Erläuterungen zur Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH
Im Jahr 2009 hat die Eckert & Ziegler AG (Berlin) () einen Betriebsteil der Ursprungsfirma Buchler (Braunschweig) übernommen. Die Vorläuferunternehmen des Betriebsteils waren: Amersham Buchler GmbH & Co. KG (ab 1971), AEA Technology GmbH (ab 1998), QSA Global GmbH (ab 2005), Nuclitec GmbH (ab 2008). Das Betriebsgelände befindet sich im Ortsteil Thune im Norden von Braunschweig. Dort wird in unmittelbarer Nähe zu Wohnhäusern und zu Schulen mit radioaktiven Materialien hantiert. Die Entfernung zum Zentrum der Großstadt Braunschweig beträgt sieben Kilometer.
Die Geschäftsfelder von Eckert & Ziegler Nuclitec () sind:
- Industrielle u. medizinische Strahlungsquellen, Produkte für Strahlentherapie und -pharmazie,
- Annahme und Bearbeitung von radioaktiven Abfällen und Strahlungsquellen
(Quelle: Internet-Seite der Eckert & Ziegler AG)
Betriebserweiterung
Die Firma will den Geschäftsbereich der Verarbeitung radioaktiver Abfälle deutlich ausbauen. Es geht dabei beispielsweise um die Verarbeitung von radioaktiven Materialien aus demnächst stillgelegten Atomkraftwerken und um die Konditionierung von Atommüll, der in Schacht Konrad eingelagert werden soll. Auch die Umarbeitung von Atommüll aus der Asse hat die Firma bereits angestrebt. Die geplante Betriebserweiterung sieht einen Hallenneubau auf dem Nachbargrundstück vor. Ein Bauantrag wurde im November 2011 eingereicht.
Aktuell gültige Genehmigung
Die Höhe der gesamten Strahlungsaktivität, die die Firma laut ihrer unbefristeten behördlichen Genehmigung zum Bearbeiten und Lagern von radioaktiven Stoffen auf dem Betriebsgelände ausnutzen darf, ist extrem hoch. Der Umgang mit umschlossenen radioaktiven Stoffen mit einer Aktivität von 1013 so genannten n und mit offenen radioaktiven Stoffen mit einer Aktivität von 1011 Freigrenzen nach Anlage III Tabelle 1 Spalte 2 ist zugelassen (Kernbrennstoffe sind nach Auskunft durch die zuständige Überwachungsbehörde, das Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig, aber ausgeschlossen).
Tschernobyl-Vergleich mit der aktuellen Genehmigung
Die Freigrenzen können in Aktivität umgerechnet werden (Strahlenschutzverordnung, Anlage III, S. 80). Bei Anwendung auf Beta- und Gammastrahlung gilt ein Faktor von 100.000. Es folgt aus 1013 Freigrenzen · 100.000 ein Wert von 1 · 1018 Becquerel (Beta- und Gammastrahler).
Anschaulich machen lässt sich diese Größenordnung mit folgendem Vergleich: Bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl betrug die Aktivität der freigesetzten radioaktiven Stoffe laut Bundesamt für Strahlenschutz ungefähr 2 · 1018 Bq (ohne kurzlebige Edelgase und Tritium) (Quelle). Mit der Hälfte dieser Aktivität darf Eckert & Ziegler laut Genehmigung in Bezug auf Beta- und Gammastrahler umgehen.
Angaben zur Strahlungsaktivität des Inventars der Firma werden verweigert
Eine genaue Auskunft über die Aktivität (Becquerel) des Inventars der Firma wird der Öffentlichkeit bisher verweigert:
„Die bei Herausgabe der Inventarlisten nicht zu vermeidende Verbreitung der Inventarlisten per Internet könnte die Gefahr von terroristischen Anschlägen und von Diebstahlsversuchen hinsichtlich der auf dem Firmengelände lagernden radioaktiven Stoffe erhöhen.“ (Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig, 18.01.2012)
Im Jahr 2011 wurde immerhin noch eine Anfrage zur Ausnutzung der Genehmigungswerte beantwortet. Demzufolge wurden z.B. im Jahr 2010 die hohen Genehmigungswerte von Eckert & Ziegler zu 4,48% ausgenutzt.
Asse-Vergleich mit dem Strahlungsinventar
Trotz dieses stark eingeschränkten Informationsstandes, soll ein Vergleich mit dem Strahlungsinventar in Asse II zur Veranschaulichung dienen, in welcher Größenordnung sich radioaktive Stoffe auf dem Betriebsgelände beispielsweise im Jahr 2010 befunden haben müssen.
Da als Berechnungsgrundlage lediglich der Ausnutzungsgrad der
Genehmigungswerte in Höhe von 4,48% bekannt ist, kann die Größenordnung
des Strahleninventars der Firma für das Jahr 2010 nur grob abgeschätzt
werden.
So weit bekannt, hatte das gesamte Strahlungsinventar der Asse im Jahr 2003 eine Höhe von 2,98 · 1015 Bq (1,8 · 1014 Bq Alphastrahler + 2,8 · 1015 Bq Beta-/Gammastrahler) (laut Genehmigungsbescheid für die Schachtanlage Asse II – Bescheid 1/2010, Nds. Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, 2010), mit deutlich überwiegendem Anteil (94%) von Beta-/Gammastrahlern.
Wird bei der Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH (EZN) unterstellt, der Hauptanteil des Inventars bestehe ebenfalls aus Beta-/Gammastrahlern (so wie beim Tschernobyl-Vergleich), dann könnte überschlägig gerechnet werden:
Inventar EZN 2010 = 4,48% vom Genehmigungswert 1 · 1018 Bq = 4,48 · 1016 Bq.
Dieser Wert wird durch den Wert des Asse-Inventars geteilt:
(4,48 · 1016 Bq) / (2,98 · 1015 Bq) = 15
Nach dieser Abschätzung befand sich im Jahr 2010 etwa das 15-fache des Strahlungsinventars der Asse auf dem Betriebsgelände von Eckert & Ziegler in Braunschweig. Das hohe Strahlungsinventar bei Eckert & Ziegler nimmt mit 1960 m³ im Vergleich zur Asse (47.000 m³) aber einen wesentlich kleineren Raum ein (Quelle: Auskunft durch das Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig, sowie Webseite des Asse-Betreibers).
Strahlungsüberwachung des Betriebes
Die Überwachung dieses Betriebes ist unzureichend. Die relevanten Messsonden am Anlagenzaun sind ausschließlich passiv. Sie werden nur quartalsweise ausgewertet. Ein automatischer Alarm bei erhöhter Freisetzung von Strahlung kann damit nicht ausgelöst werden. Im ungünstigsten Fall könnten bei diesem Aufbau Überschreitungen erst nach drei Monaten festgestellt werden. Lediglich einmal im Jahr werden bei nur zwei von insgesamt sechs Abluftkaminen Stichproben genommen und ausgewertet.
Neutronenstrahlung
Der Betrieb gibt ein hohes Maß an Neutronenstrahlung an die Umgebung ab. Die unterschiedlichen Strahlungsarten (Alpha-, Beta-, Gamma- und Neutronenstrahlung) besitzen jeweilige en für die biologische Schadwirkung. Die amtlichen Faktoren zur Berechnung der effektiven Ortsdosis für Neutronenstrahlung betragen 5, 10 und 20 in Abhängigkeit der Neutronenenergie. Gammastrahlung besitzt im Vergleich den Faktor 1. Der Nuklearmediziner Prof. Dr. Horst Kuni und andere Fachwissenschaftler halten die gesetzlichen Faktoren für Neutronenstrahlung für viel zu gering. Kuni hält mindestens den Faktor 75 für erforderlich (Quelle).
Die anscheinend besonders kritischen Neutronenstrahlen werden von der Überwachungsbehörde mit unzulässigen Methoden erfasst und unzureichend berücksichtigt. Es gibt nur drei Messpunkte (MP) für Neutronenstrahlung MP 1, MP 3 und MP 7, die alle auf dem Firmengelände liegen (siehe Karte).
Auch bei der Messung von Neutronenstrahlung muss der Anteil der natürlich vorkommenden Strahlung rechnerisch abgezogen werden. Dazu muss der entsprechende Nullwert ermittelt werden. Gemeinhin sollte ein eigener Messpunkt diese Aufgabe in mehreren tausend Meter Abstand erfüllen. Bei Eckert & Ziegler dient MP 1 am Rand des Firmengeländes zur Ermittlung des Nullwertes (Quelle: Jahresberichte 2005-2008 zur Überwachung des Firmenkomplexes vom Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)). So wird die vom Betrieb erzeugte Strahlung am MP 1 von den anderen beiden Messpunkten (MP 3, 7), als „natürlicher“ Wert für Neutronenstrahlung wieder abgezogen. Nur für die Jahre 2005 und 2006 wurden in den behördlichen Jahresberichten überhaupt Messwerte für Neutronenstrahlung angegeben. Vor 2005 wurde sie gar nicht berücksichtigt und ab 2007 wird nur noch unkonkret darauf eingegangen.
Stärkste Direktstrahlung und zweithöchste Partikelemissionen in Deutschland
Im Vergleich der von kerntechnischen Anlagen abgegebenen Direktstrahlung zeigt sich, dass das Betriebsgelände von Eckert & Ziegler die höchsten Strahlungswerte in Deutschland aufweist. Beim Vorläuferunternehmen QSA Global GmbH wurde im Jahr 2005 am Messpunkt 3 direkt am einem öffentlichen Weg (Gieselweg) ein Jahresdurchschnittswert von 1,17 mSv (Millisievert) ermittelt. Durch den Ansatz, in der Nähe eine eingeschränkte Aufenthaltsdauer von max. 2000 Stunden im Jahr anzunehmen, wurde der Wert herunter gerechnet.
(2000 Stunden / 365 * 24 Stunden) * 1,17 mSv = 0,27 mSv
Nur so konnte der gesetzlich vorgeschriebene Grenzwert von 1 mSv eingehalten werden. An einem anderen Punkt am Firmengelände wurde im gleichen Jahr ein Wert von 2,49 mSv ermittelt.
Das folgende Diagramm zeigt einen Vergleich der Messwerte der Direktstrahlung an öffentlich zugänglichen Bereichen verschiedener kerntechnischer Anlagen ohne solche rechnerischen Reduzierungen.
Das Diagramm soll beispielhaft die Größenordnungen darstellen. Es sind veröffentlichte Werte der Anlagen aus dem Zeitraum 2003-2005 dargestellt.
Beim Vergleich der berechneten Dosiswerte für eine erwachsene Einzelperson durch die in die Umgebung freigesetzten radioaktiven Partikel (s. Diagramm Fortluft) zeigt sich, dass Eckert & Ziegler im Jahr 2009 mit 0,0096 mSv auf Platz zwei hinter der Asse mit 0,016 mSv landete. Alle anderen Anlagen, Atomkraftwerke (bis zu 0,003 mSv) eingeschlossen, hatten weniger Emissionen.
Flugzeugabstürze
Im Gegensatz zu anderen kerntechnischen Anlagen gibt es über dem Betriebsgelände keine Flugbeschränkung. Bei Atomkraftwerken müssen Flugzeuge im Tiefflug einen Sicherheitsabstand von 1,5 km halten (s. Grafik). Bei Flügen zum oder vom Flughafen Braunschweig in 3 km Entfernung durchfliegen geschätzte 30 – 40 Maschinen täglich die eigentlich anzusetzende Beschränkungszone um das Betriebsgelände von Eckert & Ziegler.
Die Hallen und Behälter auf dem Gelände werden augenscheinlich einem Flugzeugabsturz nicht standhalten können. Je nach Größe des Flugzeuges und den Umständen könnte im Unglücksfall eine großflächige Verteilung radioaktiver Stoffe über das Stadtgebiet von Braunschweig eintreten, mit dramatischen Auswirkungen für die dort arbeitenden und lebenden Menschen.
Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik AG
Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH
Aktivitätswerte, bis zu denen der Umgang mit Radionukliden genehmigungs- und anzeigefrei ist.
Zweck dieser Verordnung ist es, zum Schutz des Menschen und der Umwelt vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung Grundsätze und Anforderungen für Vorsorge- und Schutzmaßnahmen zu regeln, die bei der Nutzung und Einwirkung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlung zivilisatorischen und natürlichen Ursprungs Anwendung finden.
Becquerel, abgekürzt Bq, ist die Einheit der Aktivität eines radioaktiven Stoffes. Die Aktivität gibt die mittlere Anzahl der Atomkerne an, die pro Sekunde radioaktiv zerfallen.
Ein Faktor zur vereinfachten Berechnung der Organdosis. Er kommt anstelle der relativen biologischen Wirksamkeit (RBW) in Gesetzen und Verordnungen zur Anwendung.